Die Hugenottentorte, ein Stück Geschichte aus Birnen und Erinnerung



 


Vor ein paar Tagen war ich spazieren und fand am Feldrand mehrere heruntergefallene Birnen. Dieses Jahr hängen die Obstbäume so voll, dass überall Äpfel und Birnen liegen bleiben.
Als ich dort stand und die Birnen aufsammelte, fiel mir plötzlich ein Kuchen ein, den ich schon lange nicht mehr gebacken hatte: die Hugenottentorte.

Viele Jahre habe ich in der Deutschen Hugenotten-Gesellschaft in Bad Karlshafen gearbeitet, damals noch unter Präsident Jochen Desel. Und immer, wenn wir dort etwas zu feiern hatten, tauchte irgendjemand mit einer frisch gebackenen Hugenottentorte auf. Eine Tradition, die besonders Herr Desel liebte, denn die Torte stammte aus der französischen Küche der Hugenotten und wurde mit Birnen gebacken, einfach köstlich.
Nach einigem Suchen fand ich tatsächlich mein altes Rezept wieder. Mit einem Stapel Erinnerungen im Kopf und den frisch eingesammelten Birnen vor mir stand ich schließlich in der Küche und der Duft, der sich beim Backen im Haus ausbreitete, hat mich mitten in die Zeit meiner Arbeit in Bad Karlshafen zurückversetzt.

 Damit auch ihr wisst, warum dieser Kuchen so besonders ist, ein kleiner Blick zurück:

Die Hugenotten waren französische Protestanten, die im 16. und 17. Jahrhundert wegen ihres Glaubens verfolgt wurden.
Nach der Aufhebung des Edikts von Nantes 1685 flohen mehr als 200.000 von ihnen aus Frankreich, viele nach Deutschland.
Eine der wichtigsten neuen Siedlungsstätten war Bad Karlshafen (früher Sieburg) an der Weser.
Der Landgraf Karl von Hessen-Kassel gründete die Stadt eigens als Zufluchtsort. Noch heute ist der barocke Grundriss der Stadt unverändert und das Deutsche Hugenotten-Zentrum dort erinnert an die Geschichte, Kultur und Traditionen der Glaubensflüchtlinge.


Das Hugenottenmuseum Bad Karlshafen erzählt bis heute ihre Geschichte von Flucht, Neubeginn und kulturellen Spuren, die sie hinterließen. Dazu gehören nicht nur Handwerk und Traditionen, sondern eben auch Gerichte wie diese Torte.
Für mich ist diese Torte mehr als ein Rezept.
Sie erinnert mich an Gespräche im Hugenotten-Zentrum, an Menschen, die ihren Glauben, ihre Kultur und auch ihre Küche mitgebracht haben und an einen Präsidenten, der diese Torte besonders liebte.
Dass ich sie nun nach so vielen Jahren wieder gebacken habe, fühlt sich fast an wie ein Wiedersehen.
Und weil er immer etwas Besonderes war, möchte ich dieses Rezept jetzt mit euch teilen.

Das traditionelle Rezept meiner Hugenottentorte
Zutaten für eine Springform (26 cm):

Für den Boden:

150 g Mehl
75 g Butter
50 g Zucker
1 Ei
½ TL Backpulver
1 Prise Salz

Für die Füllung:

4–5 reife Birnen
150 g gehackte Walnüsse oder Haselnüsse
150 g Zucker
2 Eier
200 ml Sahne
1 Päckchen Vanillezucker
etwas Zitronenschale oder -saft

Zubereitung:

Teig zubereiten:
Alle Zutaten verkneten, zu einer Kugel formen und 30 Minuten kaltstellen. Danach den Boden einer Springform damit auskleiden, Rand leicht hochziehen.

Birnen vorbereiten:
Schälen, entkernen, in Spalten schneiden und auf dem Boden verteilen.

Guss herstellen:
Eier, Zucker, Sahne und Vanillezucker verrühren, Nüsse unterheben.
Leicht mit Zitronenschale verfeinern.
Guss über die Birnen geben.

Backen:
Bei 175 °C (Ober-/Unterhitze) etwa 45–50 Minuten, bis die Oberfläche goldbraun ist.
Abkühlen lassen und genießen.
Der Kuchen schmeckt am nächsten Tag sogar noch besser.

Huguenot Pear Tart – a taste of history
This traditional tart, baked with sweet pears and a nutty cream filling, goes back to the French Huguenots who settled in Bad Karlshafen after fleeing religious persecution.
A simple, rustic recipe that carries a story in every bite.

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